Wippinger Schlammteiche

An den Schlammteichen tut sich was ...

Wir berichten hier über eine neue Gewässerpflege im großen Stil in Blaustein zugunsten gefährdeter Amphibienarten

Mit Spezialmaschinen begannen gestern, 17.11.2021 die geförderten Pflegearbeiten im Rahmen des Amphibien- und Reptilienprojektes des Regierungspräsidiums Tübingen. Die Schlammteiche in Wippingen sind nur ein Gewässer von mehreren Projekten, die vom Präsidium ausgewählt wurden um dringende Sanierungsmaßnahmen dieses Jahr noch zu starten.

Wir vom BUND Blaubeuren erweitern jedes Jahr einen fest installierten Krötentunnel mit mobilen Krötenzaunelementen an der Zufahrtsstraße zwischen Sonderbuch und Wippingen und beobachten die schlechte Situation der einst großen Krötenpopulation schon mehrere Jahre bei den Krötenwanderungen.

Im Auftrage des Landschaftserhaltungsverbandes Alb-Donau-Kreis begann die erfahrene Laupheimer Firma mit Spezialmaschinen die Arbeiten mit Gehölzschnitt im Uferbereich und anschließender Entnahme von Schilf und Schlamm aus einem der bekannten Teiche.

Hier der Filmbeitrag in Regio TV Schwaben: https://www.regio-tv.de/mediathek/211114/


Geschichte der Schlammteiche

Wissenswertes zur Geschichte der Schlammteiche in Wippingen und der damals größte Erdkrötenpopulation auf der Alb-Hochfläche des Alb-Donau Kreises 

Die Wippinger Schlammteiche sind der umgestaltete Rest eines Absetzbecken der ehemaligen Firma „Kali Chemie“.  (Foto: Uta Becker)
Die vorhandene Verladeanlage im Blautal in der Nähe der Steinbrucheinfahrt wird heute leider nicht mehr genutzt.  (Foto: Michael C. Thumm)

Die Wippinger Schlammteiche sind der umgestaltete Rest eines Absetzbecken der ehemaligen Firma „Kali Chemie“. Sie betrieb bis 1993 den Steinbruch Mönchental, auf der anderen Blautalseite von Arnegg zur Kalksteingewinnung für ihre Sodaproduktion in Heilbronn.

Die Steine wurden durch Wasserspülungen von Lehmanhaftungen befreit und auf Güterzüge verladen. Die heute noch vorhandene Verladeanlage im Blautal in der Nähe der Steinbrucheinfahrt wird leider nicht mehr genutzt.

Erdkröten im Wippinger Schlammteich - Anfang April 2021  (Foto: M. C. Thumm)

Das in großen Mengen anfallende Spülwasser mit seiner Lehm- und Sandfracht wurde in ein Absetzbecken gepumpt, das man südlich der Straße von Wippingen nach Sonderbuch angelegt hatte. Dort entstand ein flacher See, den bald Erdkröten und andere Amphibien als Laichgewässer für sich entdeckten. Nach Untersuchungen des Blaubeurer Biologen Dr. Kuhn in den 1980er Jahren entstand so mit etwa 5000 Tieren die damals größte Erdkrötenpopulation auf der Alb-Hochfläche des Alb-Donau Kreises.

Die Lage des Sees war für die Kröten ideal, da er unmittelbar an ein größeres Waldgebiet grenzt, wo die Tiere die meiste Zeit ihres Lebens verbringen. Da der Wald nur durch eine damals weniger als heute befahrene Straße durchschnitten wurde, konnten Tiere aus bis zu 2 km entfernten Bereichen in der Laichzeit den See erreichen, entsprechend einem Einzugsgebiet von rund 1500 Hektar. Da der See selbst aber in einem offenen Gelände lag, wurde er durch die Sonne erwärmt, was dem Wachstum der Kaulquappen zugute kam. Außer Erdkröten, beherbergte der See aber auch Laub- und Grasfrösche, Berg- und Teichmolche, Ringelnattern und wasseliebende Insekten.

Austrocknen der Teiche  (Foto: Uta Becker)

Im Jahr 1987 wurde das Spülwasser in ein neues Becken in den Steinbruch selbst umgeleitet und die Wasserzufuhr der Teiche in Wippingen wurde getrennt.

Als der sehr flache See deshalb auszutrocknen begann, konnte der BUND Blaustein die Fa. Kali Chemie dazu bewegen, durch Ausheben einzelner Gruben einem Teil der Amphibienpopulationen provisorisch ein Überleben zu ermöglichen.

Als der flache See stark auszutrocknete konnte den Amphibienpopulationen durch Ausbaggern der Teiche provisorisch ein Überleben ermöglicht werden.  (Foto: Uta Becker)

In den Jahren danach setzte sich der BUND dafür ein, nicht - wie im Rekultivierungsplan vorgesehen - die ganze Fläche aufzuforsten, sondern auf einer Teilfläche Tümpel anzulegen, die sich mit Niederschlagswasser füllen sollten, und auf weiteren Flächen die Natur frei wachsen zu lassen und eine Magerrasenfläche entstehen zu lassen.

Die Vorschläge dazu wurden erfreulicherweise in die Rekultivierungsauflagen aufgenommen. Detaillierte und ausgearbeitete Pläne zur Anlage der Tümpel lieferte der damalige BUND Vorsitzende Dr. Schöch.

Die Umsetzung erwies sich allerdings als technisch schwierig, da sich der Untergrund wie ein zäher Pudding verhielt, so dass die beim Aushub der Tümpel eingesetzten schweren Geräte zu versinken drohten und in einem Fall ein halb eingesunkener Bagger nur mühsam wieder auf festen Grund gezogen werden konnte.

Die beim Aushub der Tümpel, in den 1990er Jahren eingesetzten schweren Geräte drohten zu versinken ...  (Foto: Uta Becker)

Letztlich gelang es aber, im Jahr 1996 zwei Teiche fertig zu stellen, die sich - wie erhofft - auch mit Wasser füllten und jedes Jahr zur Kinderstube neuer Amphibiengenerationen wurden, nicht nur von Erdkröten sondern auch von Molchen und Fröschen.


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Interessante Links zum Beitrag

Dieser Bericht als PDF-Datei

Internetseite des BUND Blaustein

Online-Zeitungsbericht der SWP vom 23.04.2021


Wippinger Teiche als Anziehungspunkt ...

Die Teiche wurden so auch Anziehungspunkt für viele Besucher und insbesondere auch für Kinder. Die anderen Teilflächen der Rekultivierung entwickelten sich erfreulich. So siedelten sich auf der (nicht direkt bei den Teichen liegenden) Magerrasenfläche seltene Pflanzen wie Wintergrün und Orchideen an. Um der Verbuschung vorzubeugen müssen, wie alle nicht beweideten Magerrasenflächen, auch diese immer einmal wieder durch BUND Mitglieder aus Blaustein gemäht und das Mähgut abtransportiert werden.

Erdkrötenpaar 2021 am Wippinger Schlammteich  (Foto: M. C. Thumm)

Krötenwanderungen

Wegen des mit den Jahren zunehmendem Autoverkehrs auf der Straße von Wippingen nach Sonderbuch wurden während der Krötenwanderung im Frühjahr aber immer mehr Tiere überfahren, so dass Mitglieder des BUND Blaubeuren begannen, jährlich bei Beginn der Krötenwanderung Fangzäune aufzustellen und die Kröten in Eimern aufzufangen und sie über die Straße zu tragen. Nach Ende der Laichzeit und der Rückwanderung der erwachsenen Tiere in den Wald mussten die Zäune natürlich auch wieder abgebaut werden. In den letzten Jahren konnte dieses zeitaufwendige Verfahren nun teilweise durch Einbau von Leiteinrichtungen beiderseits der Straße und den Bau von drei Krötentunnels ersetzt werden, die aus BUND Eigenmitteln und Fördergeldern finanziert wurden.

Ansetzen einer Leiteinrichtung beiderseits der Straße als Verlängerung von festinstallierten Krötentunnels 2021.  (Foto: Roland Frick)

In heutiger Zeit wurde nun leider die Natur selbst in Form von aggressiv wachsender Vegetation und trockenen Jahren zu einem Problem: Schilf und Weiden förderten die Verlandung und entzogen den Teichen Wasser, die Trockenheit der letzten Jahre führte vermutlich zu Rissen im Untergrund, so dass die Teiche undicht wurden und schon im Frühjahr trocken fallen.

Der BUND Blaustein mit seinen Mitgliedern drängt zwar jeden Herbst den Aufwuchs zurück, diese Arbeiten sind allerdings gegen die immer stärker werdende Trockenheit machtlos. Jetzt wird nach Wegen gesucht, die Dichtigkeit wieder herzustellen. Nach so vielen Jahren des Engagements möchten verständlicherweise der BUND aus Blaustein und Blaubeuren nicht aufgeben und hoffen auf ein kleines Wunder – findet sich vielleicht ein potenter Sponsor?


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