BUND-Gruppe Blaubeuren
Beweidungsprojekt Mittlere Steige –
Offenhaltung einer verbuschten Heide

An der steilen, bewaldeten Südwestflanke des Blaubergs, oberhalb der uralten Wegsteige von Blaubeuren zu den Hessenhöfe, lag die Heide im Dornröschenschlaf. Ein Verlichtung nur noch, ein paar sonnige Flecken mit Blutrotem Storchschnabel und Küchenschellen inmitten meterhohen Gestrüpps auf felsigem Hangschutt. Die alten Wacholderbüsche und die Weidbuchen mit ihren tiefhängenden Ästen verrieten dem kundigen Auge, dass es sich um eine ehemalige Schaf- und Ziegenweide handelte, wie sie früher für die Bewirtschaftung der kargen, sonnigen Hängen der Blaubeurer Alb so typisch war.
Der BUND Blaubeuren nahm sich der Sache an, und in Abstimmung mit den Grundstückseigentümern, den Forst- und Naturschutzbehörden wurde in ersten Arbeitseinsätzen in 2005 begonnen, den Steilhang zu Entbuschen und die artenreichen offenen Lebensräume wieder herzustellen. Aber es war ein aussichtloses Mühen gegen meterlange Triebe von Heckenrosen, Liguster und Hartriegel, und was man im Herbst mühsam gestutzt und auf den Stock gesetzt hatte, trieb im Folgejahr umso prächtiger wieder aus hundert Rhizomen in die Höhe. Beweidung musste her, das wurde schnell klar, Ziegen als vierbeinige Landschaftspfleger, wie sie einst über Jahrhunderte den Steilhang freigehalten hatten. Bevor die Ziegen kamen, musste der Zaun her, ein Elektrozaun, mit professioneller Hilfe erstellt. Kein leichtes Unterfangen im steilen, felsigen, verbuschten Gelände, Ziegen sind raffinierte Kletterkünstler und Ausbrecherkönige.


Und der erwünschte Erfolg stellte sich rasch ein. Nur wenige Beweidungszyklen von Sommer bis in den Herbst reichten aus, um Gehölze und Grasfilz kurz zu halten. Die lichtliebende Pflanzenwelt kehrte aus ihren Refugien zurück. Kalk-Aster, Edel-Gamander, Sonnenröschen, Hufeisenklee, Schwalbenwurz und Weiße Fetthenne, und mit ihnen die wärmeliebenden Schmetterlinge, der Graubindige Mohrenfalter, Hummelschwärmer, Mauerfuchs und verschiedene Bläulingsarten. Sonnenhungrige Reptilien lieben das kleinflächige Mosaik aus Versteck- und Sonnplätzen aus Felsschutt und Totholz.

Für den BUND Blaubeuren ist die Entwicklung der Heide an der Mittleren Steige seit nunmehr gut 2 Jahrzehnten eine Erfolgsstory. Die Wiederherstellung einer uralten, einst landschaftsprägenden Weidelandschaft ist nicht nur für die Erhaltung der Artenvielfalt wertvoll. Sie bietet auch Möglichkeiten zur naturnahen Naherholung, zum sanften Tourismus und Naturerlebnis rund um Blaubeuren. Eine Infotafel des BUND an der Wegsteige, direkt an der Einzäunung, informiert über die Projektfläche und ihre Besonderheiten.

Historisch entstand die Kulturlandschaftsform „Heide“ aus der Beweidung, der Zurückdrängung des Waldes durch weidende Nutztiere. Aus den wenigen natürliche waldfreie Bereichen an Felsbändern und Steilhängen drangen die Arten der Steppenheide und wärmeliebenden Säume, wie Blutroter Storchschnabel und Schwalbenwurz, in die freiwerdenden Flächen ein. Unterbleibt die regelmäßige Beweidung, dringt der Wald wieder vor, die Fläche verbuscht innerhalb weniger Jahrzehnte durch raschwüchsige Pioniergehölze wie Hartriegel und Liguster, Hasel und Feldahorn, und die licht- und wärmeliebenden Arten ziehen sich wieder in ihre Refugien zurück – oder verschwinden.
Das BUND Konzept für die Mittlere Steige sieht eine regelmäßige Ziegenbeweidung vor, unterstützt durch gezielte Maßnahmen zur Gehölzentnahme. Wertvolle Baumarten wie Els- und Mehlbeere, Linde und Holz-Birne werden geschont, und den alten Weidbuchen kommt wieder ihre Funktion als Schattenbäume zu. Die Balance aus Über- und Unterbeweidung blieb gewahrt, als gravierender auf die Sukzession, Population und Entwicklung der Tier- und Pflanzenwelt erwies sich der jährliche Witterungsverlauf.