kurz: ist ein wertvolles Mitglied unserer Gemeinschaft. Wie das „brave Bienchen“ in Ida Bohattas Kinderbuch aus den Fünfzigerjahren. Fleißig wie eine Biene zu sein ist hierzulande eine Lebensmaxime. Wer betriebsam seine Hände rührt, ist produktiv für die Gesellschaft, steigert das Bruttosozialprodukt, macht was aus sich und seinem Leben und kommt voran – kurz: ist ein wertvolles Mitglied unserer Gemeinschaft. Wie das „brave Bienchen“ in Ida Bohattas Kinderbuch aus den Fünfzigerjahren.
Da lohnt es sich, so ein Bienenleben mal genauer anzuschauen, also das der Honigbienenarbeiterin (Apis mellifera): Die Entwicklung einer Honigbiene vom frisch gelegten Ei über verschiedene Larven- und Puppenstadien zur vollentwickelten Biene dauert rund fünf Wochen. Dann ist sie erwachsen und beginnt ihr Arbeitsleben: Erst rund drei Wochen als Stockbiene mit Brut, d.h. die jüngeren Geschwister, versorgen, Kehrwoche, Bauen & Renovieren und keine Fremden reinlassen in die gute Stube – klingt geradezu schwäbisch! Nach diesen drei Wochen darf sie als Sammelbiene raus an die frische Luft und Nahrung ranschaffen. Das hält eine Honigbiene nochmals maximal sechs Wochen durch, bis sie entweder einem Unfall zum Opfer fällt, gefressen wird oder aus Erschöpfung das Zeitliche segnet. Rentenvorsorge ist kein Honigbienenthema.
Maximal 12 bis 14 Wochen dauert also so ein Leben als „fleißiges Bienchen“.
Werfen wir, nur zum Spaß, doch einmal einen Blick auf das Leben der gehörnten Mauerbiene (Osmia cornuta), eine Wildbienenart, die gerne von Menschen gut gemachte Nisthilfen in Anspruch nimmt: Diese (auch hier das Weibchen) schlüpft im März und beginnt nach der Paarung ein ähnlich betriebsames Leben wie die Honigbienen-Arbeiterin mit Nestbau und Verproviantierung und zudem Eierlegen – Arbeiterin und Königin in Personalunion. Das hält sie bis ca. Mitte Mai, also zwei Monate und somit ähnlich lange wie die Honigbiene durch, bis sie aus ähnlichen Gründen stirbt. Kein großer Unterschied also? Wenn man sich die Zeit davor ansieht, schon: Die Mauerbiene schlüpft im März/ April aus dem Ei und braucht über Larve und Puppe zwei bis drei Monate bis zur erwachsenen Biene, die im Juli aus dem Kokon kriecht. Was macht sie, bis sie ihr betriebsames Leben im nächsten Frühling aufnimmt? Sie bleibt in ihrer Brutkammer sitzen und… schläft? Träumt? Reift? Chillt? Das weiß nur sie selbst – jedenfalls nichts von dem, was ein fleißiges Bienchen tut!
Die gehörnte Mauerbiene lebt ein Jahr. Das ist nach menschlichen Maßstäben nicht lang, aber doch vier- bis fünfmal länger als eine Honigbienenarbeiterin.
Was will uns das sagen? Man kann Bienen zwar noch weniger mit Menschen vergleichen als Äpfel mit Birnen, aber der kleine Denkanstoß darf erlaubt sein: Vielleicht ist die Lebensmaxime des „braven Bienchens“ doch nicht da A und O. Warum es nicht mal wie die Mauerbiene machen und innehalten? Eine Auszeit nehmen, nicht das Bruttosozialprodukt steigern, sondern sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, chillen, träumen, in sich hineinlauschen. Vielleicht kommt man dann zu dem Schluss, dass das ganze emsige Herumsummen und Vorräte sammeln gar nicht immer notwendig ist (auch die „chillende Mauerbiene“ lebt sehr genügsam). Vielleicht nimmt man sich auch die Zeit, um einer Biene beim Herumsummen zuzuschauen. Und entdeckt, dass der Grund, diese Tiere zu bewahren nicht nur darin liegt, weil sie herausragende Bestäubungsleistungen für uns vollbringen, sondern weil sie mit ihrem Bienenplüsch und den großen Knopfaugen unfassbar liebenswerte Geschöpfe sind.
Nur ein Denkanstoß…
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